Bastian Reetz
Was ursprünglich aus der Not mangels fehlender Ausweichgewässer geboren wurde, ist mittlerweile eine Passion geworden, die mich seit rund 25 Jahren Karpfenangeln begleitet – das Kanalangeln. Deshalb bin ich auch immer noch zwischen April und Oktober mindestens eine Nacht pro Woche an einer Wasserstraße zu finden. Kanalangeln kann manchmal ganz einfach sein, da die Fische dank der Schifffahrt und der relativen Strukturarmut des Gewässers grundsätzlich regelmäßig fressen und auf Grund ihrer Mobilität auch irgendwann einmal an fast jeder Stelle am Kanal vorbeikommen. Dazu sind die Bestände sehr abwechslungsreich und in einigen Kanälen schwimmen besonders attraktive Fische.
Andererseits machen diese Faktoren sowie einige andere Hürden das Angeln auch sehr schwierig, da eben die Schifffahrt mit ihrem Sog, treibendes Kraut, Grundeln, Unterwasserhindernisse, andere Freizeitnutzer wie Spaziergänger und Freizeitkapitäne sowie zum Angeln gesperrte Werks- und Hafenbereiche das Angeln weder entspannt noch gerade einfach gestalten.
Grundsätzlich kann man, wie eigentlich immer, auch beim Kanalangeln zwei Wege einschlagen: 1. Mobiles Fischen ohne oder mit nur kurzfristigen Futteraktionen. 2. Langfristig vorgefütterte Plätze, die man regelmäßig, aber nicht zu häufig beangelt.
Wenn man genügend Zeit zur Verfügung hat und den Kanal noch nicht gut kennt, sollte man das Gewässer zuerst genau erkunden. Dazu eignen sich ein Fahrrad, Lotrute, Polbrille und – je nach Sichtigkeit des Kanals – auch eine Taucherbrille sehr gut. Primär sollte man sich immer an auffälligen Strukturen wie Häfen, Kurven, Brücken, Bauwerken, Verbreiterungen, Übergängen von Spundwänden zu Steinpackungen, Wasserpflanzen und Schleusen orientieren, da diese häufig auch attraktive Standorte für die Fische bilden. Gerade Deckung von oben und etwas Strömungsruhe sind als Aufenthaltsorte in den grundsätzlich eher strukturarmen Gewässern sehr beliebt. Allerdings sind diese Stellen auch für andere Angler sehr offensichtlich, sodass man dort immer mit Mitanglern rechnen muss.
Nicht jede über Wasser scheinbar attraktive Stelle bietet jedoch auch unter Wasser interessante Strukturen für die Fische zum Fressen, sodass Ruheorte, wo man die Fische regelmäßig sieht, nicht auch die Fressstellen sein müssen. Ideal sind für mich lehmige Untergründe, auf denen nur hin und wieder Steine zu finden sind. Diese Bereiche suche ich nicht mit einer Markerpose, sondern mit einem 3oz Fox Kling on Blei, direkt angebunden an die robuste Fox Submerge Geflechtschnur in 40Ib und der Warrior S Markerrute. Die dickere Geflechtschnur hat gegenüber der klassischen Markerschnur den Vorteil, dass diese nicht so schnell an den Muscheln der Steine durchscheuert und man so beim Erkunden nicht ständig Bleie verliert. An den Noppen des Kling On Bleis haftet sehr gut Lehm an, sodass ich sehr schnell interessante Bereiche finde und zudem übertragen die Noppen die Bodenstruktur sehr gut. In manchen Kanalabschnitten sind am Grund durchgehend große Steine geschüttet worden, auf denen man kaum fischen kann. Auch die Grundeldichte ist hier am höchsten und der Hakenköder verschwindet fast immer zwischen den Steinen. Diese Bereiche gilt es unbedingt zu meiden, da die Karpfen hier auch nur schlecht Nahrung finden. Die lehmigen Bereiche sollten zudem so groß sein, dass man sie immer wieder anwerfen kann und auch ein Rig darauf gut zu präsentieren ist.
Als Rig nutze ich rund 30cm lange Fox Illusion Fluocarbonvorfächer in 30Ib, kombiniert mit den neuen Edges Stiff Rig Beaked oder Stiff Rig Straight Haken, jeweils in der Größe 5. Die Hakenmodelle mit der geraden Spitze nutze ich auf weichem Untergrund, die mit nach innen gebogener Spitze auf hartem Untergrund, damit die Spitze bei Strömung oder Grundelattacken nicht so schnell stumpf wird. Das Haar wird aus Geflechtmaterial gebunden wie dem Edges Reflex Camo in 15Ib. Als Köder kommen fast immer harte und somit relativ grundresistente Boilies von Carp Fishing Baits mit wenig Fischmehl wie die Birdfood Banane Boilies zum Einsatz, da der geringere Fischmehlmehlanteil ergänzt durch reichlich Härter den Köder weniger grundelattraktiv machen. Ergänzend hängen an mindestens einer Rute auch Partikelköder wie Hartmais oder Tigernüsse, die ich auch immer zusammen mit den Boilies in gleichen Anteilen anfüttere. Popups oder Schneemannpräsentationen nutze ich fast gar nicht, sondern ich fische fast immer mit Bodenködern. Als Hauptschnur nutze ich eine durchgehend dicke Hauptschnur oder einen mindestens 25m langer Fox 0,60mm/45Ib Snag Leader an relativ dicker Hauptschnur wie der 0,40mm Illusion Trans Khaki. Wann immer möglich, nutze ich Kling On Inlinebleie in Gewichten von 170gr aufwärts. Nur in sehr hindernisreichen Gebieten nutze ich die identischen Bleie mit Öhr am Safety Clip
Hat man nun einige interessante Bereiche gefunden und im Idealfall sogar Karpfen gesehen, gilt es die Plätze so im Kanal zu beangeln, dass man nur wenig Ärger mit der Schifffahrt hat. Dazu gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Einmal kann man nach jedem Schiff neu auswerfen, um sicherzustellen, dass die Montage einwandfrei am Grund liegt oder man fischt so weit seitlich bzw. mit einem Absenkblei – hierzu eignen sich die Fox MK2 Captive Absenkbleie in den höchsten Gewichten sehr gut –, dass die Schnur am Grund verläuft. Grundsätzlich sollte man seine Ruten am Kanal strategisch verteilen und die direkte Uferkante an Spundwänden, die Kante zur Fahrrinne und die Fahrinnenmitte beangeln, wobei gerade die Fahrrinnenmitte sehr häufig besonders erfolgversprechend ist. Auch über die Landung der Fische sollte man sich vorab Gedanken machen, da normale Kescherstablängen für die oft hohen Spundwände nicht immer ausreichen. Ich setze hierbei auf den Horizon XT Kescher, dessen Kescherstab sich auf 270cm verlängern lässt.
Und wenn sich ein Platz dann bereits bei den ersten Angelversuchen als erfolgreich herausstellt, sollte man diesen großflächig weiter anfüttern und möglichst nur einmal wöchentlich befischen, denn gute Kanalplätze werden von den mobilen Fischen immer wieder angeschwommen. Viel Erfolg am Kanal wünscht Bastian Reetz.